Herberge (Rasthof / Poststadion)

Historische Hintergründe


Reichten bis zur römischen Eroberung der ansässigen Bevölkerung in den dünnbesiedelten Gebieten Galliens und Germaniens die natürlichen Verkehrsverbindungen, wie Flusssysteme, Flussfurten, Ebenen oder leicht überwindbare Pässe, zum Austausch von Waren, Dienstleistungen und Informationen aus, so machte die Inbesitznahme der neu eroberten Gebiete es notwendig, auch hier den Erfordernissen des hoch entwickelten römischen Staatssystems Rechnung zu tragen. Damit große Truppenkontingente, Waren, Dienstleistung und Informationen innerhalb kürzester Zeit von einem an den nächsten anderen Ort geleitet werden konnten, war es zwingend geboten, die neuen Landstriche durch eine entsprechende Infrastruktur zu erschließen. Bereits seit den Zeiten der Etrusker und später von den Römern übernommen, hatte es sich bewährt, bestimmte Zentren durch künstliche Verkehrswege miteinander zu verbinden, so wurden befestigte Straßen, die witterungsunabhängig befahren werden konnten, oder Flussüberquerungen (Brücken) angelegt. Die Folge war, dass das ursprüngliche römische Gemeinwesen sich schnell über große Distanzen zur einer militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Großmacht ausdehnen konnte und somit seinen politischen Zusammenhalt über Jahrhunderte auch in den besetzten Gebieten festigte.

Das Reisen in der Antike über größere Entfernungen gehörte nicht wie heute zum Allgemeingut der Bevölkerung, sondern war überwiegend an einen bestimmten Zweck gebunden oder besonderen Personengruppen vorbehalten. So reisten die einfacheren Bevölkerungsschichten in ihre benachbarten Markt- oder Verwaltungszentren, Beamte suchten in dienstlichem Auftrag ihre Behörden auf, Gesandte unternahmen ausgedehnte Überlandreisen, um fremde Völker und Städte zu besuchen, Kaufleute transportierten ihre Waren und Handwerker und Künstler reisten zu ihren Auftraggebern. Ebenso begaben sich Großgrundbesitzer auf ihre Güter und Villen auf dem Lande. Aus wissenschaftlichem Interesse durchquerten Ethnographen, Historiker oder Geographen, sowie Reiseschriftsteller auf langen Reisen die damals bekannten Länder. Eine weitere Gruppe von Reisenden bildeten die Pilger, sie nahmen an Festspielen zu Ehren der Götter teil, besuchten Heiligtümer oder Orakelstätten.

Um eine Reise auf dem Landweg durchzuführen, konnte der Reisende in der Antike zwischen verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten wählen, entweder entschloss er sich für den Fußmarsch, was naturgemäß mehr Zeit in Anspruch nahm, mühsamer und oftmals auch nicht ganz gefahrlos war oder er benutzte ein Reittier (Pferd, Esel oder Maultier). Eine andere Möglichkeit war die Reise mit einem Reisewagen bzw. einer Kutsche. Bedingt durch ihre Konstruktion, der Fahrgastraum war mit Riemen am Fahrgestell aufgehängt, die die Stöße während der Fahrt abfederten, bot diese Art der Fortbewegung für den Reisenden einen gewissen Komfort. Hier konnte sich der Reisewillige mit anderen Reisenden zu einer Reisegruppe zusammenfinden. Trotz des gut ausgebauten Straßennetzes war das Reisen ein anstrengendes Unternehmen, denn die Straßen sollten ja hauptsächlich dem schnellen Verschieben von Truppenkontingenten und dem Warentransport dienen und waren z.T. in einem entsprechenden Zustand.

Rekonstruktion eines römischen Reisewagens
Köln, Römisch-Germanisches Museum
 



Ein Reisender, der sich privat auf eine Reise begab, musste sich selbst um die Organisation seiner Fahrt bemühen. Entsprechende Reisekleidung, benötigter Reiseproviant und Unterkunft sowie den Reisewagen, sofern er keinen besaß, musste er sich selbst beschaffen. Bei den Gespanninnungen (iumentarii) konnte er sich ein solches Gefährt mieten. Privilegierte oder Beamte, die hoheitliche Aufgaben durchzuführen hatten, reisten mit einem Pass, dem libellum, der die kostenlose Benutzung der Staatspost beinhaltete oder mit der kaiserlichen Reiseerlaubnis, dem sigillum, diese berechtigte sie zur kostenlosen Benutzung der Staatspost und darüber hinausgehend auch zur unentgeltlichen Inanspruchnahme von Unterkunft und Verpflegung in den Poststationen (mansiones) und den Pferdewechselstationen (mutationes). Mansiones und mutationes konnten sowohl staatlich oder von der Gemeinde verwaltet werden oder auch Privatleuten betrieben werden.

Zur besseren Orientierung für den Reisenden gab es Straßenkarten, in denen die Entfernungen in römischen Meilen (milia passuum) zwischen einzelnen mansiones und mutationes eingetragen waren. Eine römische Meile entsprach etwa der heutigen Distanz von 1,5 km. Eine Ausnahme in der Bezeichnung den Entfernungsangaben machten die nördlichen gallischen und germanischen Provinzen, usque hic legas (bis hierher gelten Leugen), hier wurden Streckenlängen in gallischen Leugen, einem alten keltischen Längenmaß, (eine Leuge entspricht ca. 2,2 km) angegeben. Abhängig von den topographischen Gegebenheiten gab es alle 15 Meilen Pferdewechselstationen und alle 20 bis 25 Meilen Poststationen bzw. Rasthöfe.

Kopie einer Strassenkarte aus dem 12./13. Jh.
Peutinger-Tafel, Wien


Die mansiones standen meist an der Peripherie der zivilen Siedlungen etwas abseits der Straßen oder sie befanden sich als einzelnes Gebäude auf dem Land. Da die mansiones in der ersten Phase der Erschließung der besetzten Gebiete wichtige Versorgungspunkte waren, bildeten sich im Laufe der Zeit um sie herum zivile Ansiedlungen (vici). Ebenso wurden mansiones auch in unmittelbarer Nähe befestigter Militärlager errichtet.

Die mansiones bestanden aus einem Hauptgebäude, das entweder um einen Innenhof angelegt war oder neben einem ummauerten Hof stand. In den mansio-Hauptgebäuden waren Gästezimmer, Speiseräume, Küchen und Quartiere für die Bediensteten untergebracht. Die Stallungen verteilten sich auf die Nebengebäude. Große Beherbergungsbetriebe besaßen zusätzlich noch Badeanlagen.

 

< < < zurück

nach oben